Nachdem ich in der Vergangenheit bereits Áger besucht hatte, wollte ich diesmal eine etwas größere Runde durch die Pyrenäen drehen und mir im Spätsommer die anderen bekannten Fluggebiete erschließen.
Der Anfang war erst mal ziemlich stressig dank WitzAir's 1.5 Stunden Verspätung. Ist wohl leider normal und so eingeplant auf dem Flug - Originalton: Ist der letzte Umlauf der Maschine an dem Tag, der ist immer verspätet. Ach ja, da könnte man den auch gleich 1h später ansetzen. Immerhin, die Mietwagenfirma wartet für 40 EUR extra auch noch 15 Minuten nach Büroschluss und gab mir einen Opel Mokka 4x4 als kostenlosen Upgrade mit. Das Angeber-SUV sollte sich noch als nützlich herausstellen. Es wurde nach Mitternacht, nix wie ab ins Hotel, was ich zum Glück eh in Barcelona eingeplant hatte.
Da das Wetter am ersten Tag noch relativ viel Westwind versprach und ich spät im Bett war, hab ich dann am Morgen zunächst den Parc del Laberint d'Horta besucht. Da der Ausnahmsweise nicht von Gaudi ist und etwas außerhalb Richtung Berge liegt, ist der ein echter Geheimtip und noch nicht überlaufen. Bei sehr angenehmen Wetter eine gute Einstimmung.
Danach ging es weiter nach Berga, einer der größeren Städte gut 1 Stunde von Barcelona und das Hausfluggebiet der Barceloner, direkt am Eingang zu den Pyrenäen. Tatsächlich wurde gegen Mittag bereits geflogen, allerdings standen die Schirme ziemlich im Westwind und das bereits an den unteren Hügeln (den von den Piloten so genannten Primera und Segunda Maria's). Das hab ich mir erst mal gespart - es war weniger Wind am Folgetag angesagt - und stattdessen die Stadt Berga erkundet.
Eine typisch spanische Kleinstadt mit deutlich lokalpatriotischem Einschlag, die Nachwehen der gescheiterten Sezession sind deutlich zu sehen. Und einer ziemlich spektakulären Lage am Hang der Serra de Queralt, an der hoch über der Stadt die gleichnamige Wallfahrtskirche Santuario de Queralt trohnt, welche ich ebenfalls besichtigt habe.
Am nächsten Tag dann pünktlich um 10 an der Flugschule gewesen um erst mal fest zu stellen: Heute hat die Ruhetag (Montag). Ja, damit muß man in den Pyrenäen rechnen, die Logistik ist passend zum Pilotenaufkommen - es ist nichts überlaufen und man muß sich manchmal selbst zu helfen wissen. Also ab hoch zum Mirador de la Figuerassa mit dem Mietwagen, gut daß ich einen mit 4x4 Antrieb hatte, das wäre mit einem normalen Auto nicht zu empfehlen, auch wenn die Spanier inkl. Taxis mit fast jedem Auto die Schotterpiste hoch fahren. Dort oben gibt es neben dem Aussichtspunkt einen der spektakulärsten Startplätze, den ich bisher gesehen hatte.
Nach dem Start etwas Höhe machen und vor den Touris am Mirador ein paar Kreise drehen, dann im Gleitflug ab nach vorne über die Serra de Queralt. Der Gleitflug is relativ lang und wird deshalb von der lokalen Flugschule am Nachmittag nicht mehr empfohlen. Höhe verdaddeln darf man nicht. Ich bin nach einem Tandem um 12 Uhr gestartet und hatte keine Probleme, der Tandem hatte 100m Reserve und ich war noch mal 150m drüber - besser gleiten gegen den Wind wie ein Tandem, das tut der Sigma ganz klar. Die komplette Flanke der Serra de Queralt konnte ich dann 2 Stunden lang abfliegen, in nicht immer ganz angenehmer Luftmasse, denn es hatte etwas Nordeinschlag und die Wolken zogen von hinten über die Serra. Das Gelände verträgt das durchaus, allerdings bei dann sportlichen Bedingungen.
Am nächsten Tag noch mit der Flugschule an den "Marias" geflogen, die Basis schon reichlich tief und ein Flug in die hintere Serra war nicht mehr möglich, bin ich am späteren Nachmittag nach Castejon de Sos umgezogen. Das liegt in den Hochpyrenänen in der Nähe des Pico de Aneto, dem mit 3400m höchsten Gipfel der Pyrenäen. Und die Bergkulisse dort ist absolut gewaltig, vergleichbar eigentlich nur mit den Dolomiten.
Ich hatte erst etwas Bedenken wegen des deutlichen WNW Höhenwindes, aber die lokalen thermischen Bergwinde setzen sich dort selbst gegen 35 km/h Höhenwind locker durch. Es gibt mehrere Flugschulen und alles ist bestens organisiert, sogar mit Reservierungsliste der Auffahrt um 11 Uhr, und das ganze 7 Tage die Woche. Hier gibt es keine logistischen Probleme und die Flugsicherheit von Castejon de Sos würde ich als hoch bezeichnen zu dieser Jahreszeit. Man sollte auf nachmittagliche Überentwicklungen jedoch aufpassen und als unerfahrener Pilot nicht zu sehr in den Mittag hinein fliegen, denn die Talwinde nehmen dann markant zu. Immerhin 3300m Basishöhe konnte ich an einem Tag verzeichnen, trotz sichtbarer Restfeuchte.
Einen Abendflug vom Nachbarberg bei Campo, welcher genau im Nachmittags stärkeren Talwind steht, habe ich mir zum Abschluß gönnen können. Zuerst war nicht klar, ob die 20 km Strecke nach Castejon de Sos zurück möglich sind, da dort eine mächtige Überentwicklung stand und der Talwind recht stark war (über 20 km/h), was die eingelagerte Thermik immer ziemlich tief über den Kamm geblasen hat. Nach 18 Uhr hab ich dann doch noch 400m Überhöhung rausbasteln können (ab 500m sollte es passen, sagte die Schule) und konnte mir den kleinen XC Flug nicht mehr verkneifen. Mußte mich am nächsten Massiv noch etwas hochkratzen mit der allerletzten Thermik bei +0.3 m/s und bin schließlich schon bei Bergwind in Castejon gelandet. Einfach klasse, der Flug. Eine Außenlandung wäre spannend geworden, so hatte ich eine extra Motivation, zumal die Rückfahrt dank nach unserer Hinfahrt gerade frisch gesperrter Straße für die restlichen Teilnehmer gut 2 Stunden gedauert hat.
Für mich ist es keine Frage: Castejon de Sos ist mit Abstand das spektakulärste Fluggebiet der spanischen Pyrenäen. Anders als man erwartet, verträgt der Berg durchaus etwas Nordwind und es gibt wahrlich mehr als genug Startplätze rund um Castejon. Zu fahren ist es gut 3 Stunden ab Barcelona, aber dieses Fluggebiet muß man genau so sehr gesehen haben, wie die Dolomiten. Es lohnt sich einfach.
Fast mit etwas Wehmut, denn so langsam mußte ich mich wieder Richtung Barcelona orientieren und das Wetter verschlechterte sich leider ebenfalls deutlich, brach ich nach Tarragona auf. Vorher einen Abstecher in La Seu d'Urgell gemacht und bei Organya an dem magischen Berg geflogen.
Optisch macht La Seu d'Urgell, wo gerade eine Kajak-WM stattfand, wesentlich mehr her als Organya. La Seu mit seinem Bischhofssitz hat viele historische Gebäude und eine schöne Lage zwischen den Bergen. Organya ist hingegen ein winziges Durchgangs-Dorf mit zu viel Autoverkehr, eher häßlich und der Berg auch einfach nur ein Klotz ohne viel Besonderes.
So recht versteht man erst nicht, was an Organya magisch ist. Vormittags geht sowieso nix, aber am frühen Nachmittag kommt der Talwind auf, nimmt über 40 km in den vorgelagerten Tälern Anlauf, überhitzt auf den kargen Flächen und feuchtet sich zum Schluß noch auf den vorgelagerten Seen an.
Die Luftmasse prallt dann auf den Berg und hat keine andere Wahl als hoch zu schießen. Ja, Organya ist "zu einfach" zum oben bleiben. Das sagen die einheimischen Acro cracks. Und das stimmt, sogar an einem mittelprächtigen Tag im September sind 4 m/s Steigen keine Seltenheit und wer mit normalem Schirm zur thermikstärksten Zeit startet (machen die Acro Leute mit ihren kleinen Schirmen), der wird hoch katapultiert bis über den Berg. Nur Streckenfliegen bietet sich nicht an wegen der Talendlage. Man könnte sich eigentlich fast nur durch den massiven Congost de Tresponts (über 10 km lang) hinten über spülen lassen. Das würde ich aber nur mit viel Höhe empfehlen, keine Chance an dem Tag.
Also weiter nach Tarragona bei zuerst sogar leicht regnerischem Wetter. Am nächsten Tag war es dann brütend heiß mit nachmittäglichen Überentwicklungen, sogar an der Küste 32°C. Ich habe dennoch einen schönen Tag dort genossen inmitten der alten Gebäude, des Amphitheaters und der auf den Hügel gebauten Altstadt aus römischer Zeit. Tarragona steht im Schatten von Barcelona, ist jedoch eigentlich die schönere Stadt.
Zum Abschluß noch ein bischen an den Strand, sehr warm, aber immerhin etwas Wind hier, von dem man in der Stadt nicht viel gespürt hat. Damit ging mein Spanienurlaub so ziemlich zu Ende. Eine letzte Übernachtung in der Nähe vom Flughafen Barcelona, denn mein Flug ging früh und der Mietwagen wollte auch noch zurück gebracht werden.
Zum Glück hatte die Unterkunft einen Pool, der war echt vonnöten bei den Temperaturen. Der Rückflug am Folgetag war schließlich pünktlich und die kalte Dusche erfolgte standesgemäß in Amsterdam Schithol bei Starkregen und klammen Temperaturen. Der pünktliche Flieger mußte noch 40 Minuten auf dem Rollfeld warten, weil AMS massiv verstopft war bzgl. der Abfertigung. Irgendwann endlich in den Zug, mit jedem Meter weg von Amerstdam wurde sogar das Wetter besser.
Mein Fazit ist, daß die spanischen Pyrenäen viel zu bieten haben und bisher überwiegend von Spaniern und Franzosen besucht werden. Vor allem die spanischen Sommerferien sollte man etwas meiden, weil das die ansonsten günstigen Hotelpreise versaut (ich hatte dies eine knappe Woche). Um die 2. und 3. Septemberwoche ist ideal dort und ich werde sicher noch mal wieder kommen.
A reveure!