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Roldanillo

Nach diesmal völlig problemloser Busanreise - in der Umgebung von Roldanillo führen alle Wege wie von Geisterhand automatisch ins Fliegermekka - hieß es Unterkunft suchen.IMG 20170128 153731

Wir landeten schließlich im Hotel Balcones del Parque, ein vormals feudales Hotel, nachträglich ausgerüstet mit Klimaanlage und heute nicht mehr ganz so luxuriös, jedoch zentral gelegen.

Mittlerweile finden sich zur besten Jahreszeit durchaus 200-300 Gleitschirmflieger in Roldanillo ein. Nicht zu viel angesichts der Stadt von 50000 Einwohnern und 3 Startplätzen (davon zwei sehr geräumig), nur die Hotelpreise versaut es etwas: Für Kolumbien sind 26 EUR die Nacht für ein Doppelzimmer in Langzeitmiete nämlich eigentlich zu viel (bzw. ein Großstadtpreis).

Fliegerisch braucht man zu Roldanillo wohl nicht mehr viel zu sagen: Fliegbar praktisch jeden Tag, fast egal wie es morgens aus sieht. Wann man zum Startplatz hochfährt und zunächst die Wolken küssen kann, kann man bei uns zu Hause in der Regel den Tag vergessen.

 

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Nicht so in Roldanillo - eine halbe Stunde später sind an diesem Tag 100 Leute zu ihrem stundenlangen Streckenflug aufgebrochen.

Fliegerisch gibt es nur wenige Gebiete mit mehr Zuverlässigkeit und Potential für entspanntes FAI Dreiecksfliegen (Weltrekorde wird man hingegen nicht hinbekommen). Dreiecke bieten sich an, da in Roldanillo selten viel Höhenwind ist. Weiterhin ist die Thermik wohldosiert und man kann wählen zwischen Bergfliegen und Flachlandfliegen. Letzteres freilich mit relativ zuverlässiger Thermik und effektiven Basishöhen von oft 1500m über Grund und mehr.

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Und wer mehr als 3-4 Stunden fliegen will, der muß hier sogar Flachlandfliegen. Irgendwann kommt nämlich der Pacifico: Der Seewind aus mehr als 100 km Entfernung überspült die erste Kordillerenkette, an der wir hier starten, und löst die Thermikwolken auf. Wegen dieses Phänomens soll man später am Tage nicht mehr in Roldanillo landen, denn der Pacifico erreicht in Böen manchmal 50 km/h.

Davon haben sich freilich ganze Horden nicht abhalten lassen, zumindest bis ca. 15 Uhr in Roldanillo nach erfolgreichem Streckenflug dort einzulanden. Es ist schließlich sehr bequem und man sieht ja, ob noch Thermikwolken über den Bergen stehen. So dachte ich auch und hab mich verführen lassen (man nennt es Lemming Effekt). Das hat mir 3 entspannte Landungen in Roldanillo beschert, in 5 Minuten Abstand zum Hotel.

Nicht so dem Piloten, der kaum 5 Minuten (!) nach mir im Stadion gelandet ist und nach einer 40er Böe mit Klapper aus der Luft purzelte. Zum Glück hat er sich nix getan und ich konnte den Bericht kaum glauben - bis ich zu den Bergen aufgeschaut habe - alles Blau plötzlich! Man denkt zwar bei Seewind nicht dran, aber das ist ein erstklassiger und vollausgeprägter Föhndurchbruch, der sich in 5-10 Minuten abspielt und hinreichend tückisch ist, um selbst gelegentlich sehr gute Wettkampfpiloten in die Dächer zu drücken, wenn sie denn unvernünftig waren. Und der Pacifico kommt jeden Tag - nur wann und wie ausgeprägt, das ist die Frage.

 

Fazit: Das war meine letzte Landung bequem in Roldanillo gewesen. Man muß es gesehen haben, um es zu begreifen. Aber der Pacifico-Föhn ist unberechenbar. Meist kommt er erst um 15-16 Uhr, doch manchmal eben schon um 13.30. Das jeweils unangekündigt. Und genau deshalb gibt es den sogenannten "Airstrip" Landeplatz 10 km außerhalb, den ich ab da immer brav genutzt habe. Ich rate allen anderen Piloten, die Warnungen ebenso zu berücksichtigen, selbst wenn es in Roldanillo mittlerweile viele, viele Lemminge und sogar einen semi-offiziellen Landeplatz gibt!